Cornelia Geißler, Beate Tröger und Denis Scheck diskutierten in der Heidelberger Stadtbibliothek vier auf der SWR Bestenliste im Mai verzeichneten Werke.
Einigkeit bei Reza, Dissens bei Mosebach – Cornelia Geißler, Beate Tröger und Denis Scheck diskutierten in der Heidelberger Stadtbibliothek vier auf der SWR Bestenliste im Mai verzeichneten Werke. Auf dem Programm standen: Nadja Küchenmeisters Langgedicht „Der Große Wagen“ (Schöffling), Antje Rávik Strubels Roman „Der Einfluss der Fasane“ (S. Fischer), Martin Mosebachs Roman „Die Richtige“ (dtv) und Yasmina Rezas Kurzprosa „Die Rückseite des Lebens“ (Hanser).
Es geht in den Büchern um Erinnerungsschichten, die sich übereinanderlegen und ein Innehalten einfordern, um Sinnkrisen in mediale Erregungswellen, um das sprachgemalte Portrait eines übergriffigen Kunstmalers und um existentielle Kippmomente, die zu einem Verbrechen oder zur Erkenntnis führen.
Die Jurymitglieder lobten einhellig die Sprachkunst Yasmina Rezas, die sich im genauen Beobachten und in der literarischen Offenheit gegenüber den Eigenheiten auf der „Rückseite des Lebens“ zeigt. Äußerst kontrovers wurde Martin Mosebachs Roman „Die Richtige“ diskutiert. Denis Scheck ist von der Sprachmacht des Autors begeistert, die ihn an Thomas Mann erinnere. Beate Tröger und Cornelia Geißler kritisieren den „altbackenen“ Stil Mosebachs, in dem eindimensionale und regressive Frauenfiguren geschildert werden.
Während Strubels Mediensatire „Der Einfluss der Fasane“ als satirisches und nicht durchweg überzeugendes Nebenwerk der Buchpreisträgerin einsortiert wurde, fand die Jury bei der Analyse der formschönen Lyrik Nadja Küchenmeisters wieder zusammen. In „Der Große Wagen“ geht es nicht nur um ein literaturberühmtes Sternbild, sondern auch um die Frage, wie die Sprache im sich ständig drehenden Erinnerungskreislauf zum Fixstern werden kann.
Aus den vier Büchern lasen Isabelle Demey und Dominik Eisele. Durch den Abend führte Carsten Otte.
Über diese Bücher wurde diskutiert:
Platz 7 (43 Punkte) Yasmina Reza: Die Rückseite des Lebens
Yasmina Reza hat zahlreichen Gerichtsprozessen als Beobachterin beigewohnt. Sie schreibt darüber so sachlich und nüchtern, dass alles noch viel fürchterlicher wird, als es ohnehin schon ist. So wird das Tragische und Komische der Welt offenbart.
Literatur SWR Bestenliste Mai
Die SWR Bestenliste empfiehlt seit 50 Jahren verlässlich monatlich zehn lesenswerte Bücher, unabhängig von Bestsellerlisten. Nicht die Bücher, die am häufigsten verkauft werden, bestimmen die Liste, sondern eine Jury, bestehend aus 30 namhaften LiteraturkritikerInnen, wählt die Bücher aus, denen sie möglichst viele LeserInnen wünscht.