Kunstmuseum Heidenheim

Sichtbare Spuren hinterlassen – Werke des Bildhauers Franklin Pühn

Stand

Von Autor/in Frank Polifke

Im östlichen Baden-Württemberg war er der Lokalmatador unter den Bildhauern: Franklin Pühn. Über 60 Jahre lang hat er große und kleinere Skulpturen geschaffen und dadurch auch den öffentlichen Raum geprägt. Und er hat sich für die Kunst stark gemacht: als Vermittler und jahrzehntelang auch als Vorsitzender des Heidenheimer Kunstvereins. Heute wäre Franklin Pühn 100 Jahre alt geworden.

Fließende Übergänge

Ist es noch der Kopf? Oder schon der Arm? Bei der „Cellospielerin“ von 1962 geht alles fließend ineinander über, selbst das Cello. Ausnahme: Der rechte Arm, der den Bogen führt. Der bricht die Harmonie, auch die Oberfläche der Bronzeskulptur, die ansonsten glatt ist, wird grobporig. Für Museumsdirektor Marco Hompes passt das zum Thema „Musik“:

„Wir haben das Fließen der Musik, was sich auch an den fließenden Konturen der Figur zeigt. Aber Musik wird ja dann erst spannend, wenn’s auch Dissonanzen gibt. Und das sieht man in seinen Arbeiten eben auch: diese Dissonanzen und diese Störungen und Brüche."

Kunstmuseum Heidenheim, Nachlass Franklin Pühn
Franklin Prühn. Cello.

Studium an der Kunstakademie Stuttgart

Franklin Pühns frühe Werke sind noch stark von der Zeit seiner Ausbildung geprägt. Pühn studierte an der an der Kunstakademie in Stuttgart bei Otto Baum, wie auch andere später bekannte Bildhauer wie Otto Herbert Hajek oder Emil Cimiotti.

„Und da sind ganz ähnliche Entwicklungen zu sehen“, erläutert Marco Hompes. „Die beginnen mit diesen geschlossenen Formen wie vom Professor, lösen diese immer mehr auf und werden immer expressiver. Das kann man bei Hajek ganz gut sehen, da gibt es durchaus Ähnlichkeiten.“

Franklin Pühn. Selbstbildnis, 1971. Aluminium
Franklin Pühn. Selbstbildnis, 1971. Aluminium

Zerstörung von Natur und Umwelt als Thema

Wachstum und Zerfall, Dynamik und Ruhe: Pühns Skulpturen bilden diesen Kontrast ab, etwa bei zwei gegnerischen Handballspielern: Sie sind einerseits um den Ball – und gleichzeitig untrennbar miteinander verschmolzen.

In den 1970er-Jahren wird die Zerstörung von Natur und Umwelt zum Thema – auch bei Franklin Pühn. Im zweiten Raum der Ausstellung wähnt man sich in einem Gewächshaus, umringt von teils mannshohen Pflanzen aus Aluminium.  Besonders eindrucksvoll: Die „gestörte Phanerogamenkultur“ von 1979. Sie erinnert an eine Wasserpflanze, die auf einer Seite zerdrückt und zerquetscht wirkt, während andere Teile von ihr in die Höhe streben. 

„Er hat sich dafür interessiert: Wie reagiert die Natur auf diese Veränderungen, die durch den Menschen herbeigerufen sind?", so Hompes. „Das ist nicht wie in der heutigen Kunst, dass es sehr mahnend ist, sondern er fragt sich: Wie passen sich Pflanzen an?“

Bekannt ist vor allem seine Kunst im Öffentlichen Raum

Zu dieser Zeit, Ende der 1970er Jahre, ist Franklin Pühn längst Heidenheims bedeutendster Bildhauer. Mehr noch: Er leitet den örtlichen Kunstverein, gibt Kurse an der Volkshochschule und setzt sich für die Verbreitung zeitgenössischer Kunst in Ostwürttemberg ein.

Bekannt ist vor allem Pühns Kunst im öffentlichen Raum: Brunnen, Denk- und Mahnmale, auch viele sakrale Werke. Sie finden ebenfalls Platz in der Ausstellung, wenn auch nur als Fotografien. Jeweils eines aus der Entstehungszeit, von Pühn selbst aufgenommen – und eines von heute. Marco Hompes war dafür auf Fototour. 

„Dann nimmt man dieses Foto und läuft durch Niederstotzingen und schaut: Gibt es diesen Baum noch – also es ist eine Birke zu sehen“, erzählt er. „Das war schon eine ziemliche Detektivarbeit, bis man die Arbeiten alle gefunden hat und die Standorte lokalisiert, gerade dann, wenn’s eben nicht mehr steht.“

Kunstmuseum Heidenheim, Nachlass Franklin Pühn
Franklin Pühn. Einlauf in die Zielgerade, 1986. Aluminium.

Umstrittenste Skulptur: Das Denkmal für Erwin Rommel

Einige von Franklin Pühns öffentlichen Skulpturen sind inzwischen verschwunden – teils ohne Hinweis auf Verbleib. Seine umstrittenste steht noch: Das Denkmal für Erwin Rommel.

Von Veteranen finanziert und 1961 auf dem Heidenheimer Galgenberg aufgestellt, wurde sie mit zunehmender Kritik an Rommels Rolle im Nationalsozialismus kontrovers diskutiert und seit einigen Jahren auch von einem anderen Heidenheimer Künstler kommentiert: Durch die Darstellung eines Minenopfers, dessen Schatten bei einem bestimmten Sonnenstand auf das umstrittene Kunstwerk fällt.

Ein Schatten auf Franklin Pühn fällt nach Ansicht von Marco Hompes durch das Rommeldenkmal nicht: „Es erinnert einfach an eine historische Person, die eben aus Heidenheim stammt“, sagt er. Die beiden Künstler, Rainer Jooß und Franklin Pühn hätten sich intensiv ausgetauscht, Pühn habe der Kommentierung durch Jooß' Werk zugestimmt.

Wer bisher nur Franklin Pühns Großskulpturen kannte – die Ausstellung im Kunstmuseum Heidenheim bietet nun die Gelegenheit auch seine kleineren und früheren Werke kennen zu lernen.

Tuttlingen

Größtes aus Glas geschaffenes Kunstwerk David aus schwarzem Glas – Markus Lüpertz in der Städtischen Galerie Tuttlingen

Die Städtischen Galerie Tuttlingen zeigt die David-Skulptur von Markus Lüpertz. Der Koloss aus schwarzem Glas ist das größte aus massivem Glas geschaffene Werk der Kunstgeschichte.

SWR Kultur am Mittag SWR Kultur

Ausstellung Ganz in weiß – Neue Papierskulptur von Angela Glajcar in Kaiserslautern

Sie ist berühmt für ihre beeindruckenden Skulpturen aus weißen, gerissenen Papierbögen. Die Mainzer Bildhauerin Angela Glajcar hängt die einzelnen Blätter dicht hintereinander, sodass die gerissenen Räume nochmal eine eigene Form ergeben. In der Kaiserlauterer Pfalzgalerie ist ab Mitte Mai eine neue Installation aus ihrem Atelier zu sehen – ein Geschenk zum 150. Geburtstag des Museums. In einem Raum mit Lichtturm zieht die Skulptur den Blick sofort in die Höhe und unterstreicht je nach Lichteinfall die Farbigkeit von Weiß.

SWR Kultur am Morgen SWR Kultur

Kunstvolle Konsumkritik von Irmela Maier Affe, Esel, Wolf: Wie aus Müll tierische Persönlichkeiten entstehen

Aus recycelten Materialien erschafft die Künstlerin Irmela Maier Tierskulpturen, welche die Individualität von Tieren abbilden – und unseren Umgang mit ihnen infrage stellen.

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Frank Polifke