Die Konjunktur in der Rhein-Neckar-Region ist einer aktuellen Umfrage zufolge uneinheitlich. Demnach sieht es in vielen Industriebetrieben gerade besser aus als zum Beispiel im Einzelhandel. An der Umfrage, die am Mittwoch veröffentlicht wurde, haben sich laut der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein Neckar rund 370 Unternehmen aus allen Wirtschaftszweigen beteiligt.
Zu den Hintergründen äußert sich Axel Nitschke, Hauptgeschäftsführer der IHK Rhein-Neckar im SWR-Interview.

SWR Aktuell: Wo drückt der Wirtschaft in der Rhein-Neckar-Region aktuell am meisten der Schuh?
Axel Nitschke: Das größte Problem unserer Unternehmen in unserer Region ist definitiv die Inlandsnachfrage, die sehr, sehr schwach ausfällt. Der Grund dafür ist, dass die Verbraucher zurzeit nicht so viel Geld ausgeben. Die Stimmung der Verbraucher ist im Keller, sie wissen nicht genau, wie es weitergeht - zum Beispiel mit ihren Arbeitsplätzen, ihren Einkommen, mit der Wirtschaft. Stichwort Russland-Ukraine-Krieg: Was heißt das für uns hier in Deutschland? Da sind die Verbraucher sehr verunsichert. Dementsprechend ist die Verunsicherung das große Problem - die schlägt sich nieder in dieser schwachen Inlandsnachfrage, sodass der Einzelhandel wenig Geschäft macht.
SWR Aktuell: In welchen Wirtschaftszweigen läuft es denn gerade überraschend gut - und warum?
Nitschke: Ja, wir haben eine ganz bemerkenswerte Entwicklung in diesen ersten Monaten des Jahres: Ausgerechnet die Exporte in die USA steigen. Unserer Ansicht nach sind das vorgezogene Käufe. Warum? Die US-Regierung von Präsident Trump kündigt ja laufend Zollsätze an, irgendwie jeden Tag einen anderen. Das führt einerseits zu Verunsicherung. Auf der anderen Seite befürchten die Einkäufer natürlich, dass die Zollsätze tatsächlich kommen. Und dann macht es Sinn, heute noch einzukaufen. Dementsprechend profitieren auch unsere regionalen Industrieunternehmen davon, dass plötzlich eine Nachfrage nach ihren Industrie-Gütern entsteht. Die werden dann über den großen Teich in die USA transportiert und verbessern bei uns die Produktions-Statistik.

SWR Aktuell: Wie sehr könnten denn die von US-Präsident Trump angedrohten Zölle in Höhe von 50 Prozent die Wirtschaft hier in der Region lähmen?
Nitschke: Also, ich glaube: 50 Prozent... - da glaubt kein Mensch dran, dass das zum Schluss das Ergebnis sein wird. Das auch wieder so ein verhandlungspolitischer Schachzug sein... Aber trotz allem: Man muss natürlich schon befürchten, dass am Ende Zollsätze übrig bleiben, die dann die Industrie bundesweit treffen. Und da wir eine sehr industriestarke Region sind, würden wir das hier in der Region auch spüren, wenn die US-Zölle eine relevante Größenordnung erreichen. Aus heutiger Sicht ist das zu befürchten. Auf der anderen Seite weiß man es aber auch einfach nicht. Vielleicht wird es ja ein gutes Abkommen beim Freihandel geben, sodass zwischen den USA und Europa wieder bessere Handelsbeziehungen möglich sind. Das ist ein bisschen der Blick in die Glaskugel. Man weiß nicht, was am Ende rauskommt. Ich bin jetzt aber auch von vornherein nicht skeptisch.

SWR Aktuell: Was muss passieren, damit die Wirtschaft auch hier in der Region wieder richtig anzieht? Bitte nennen Sie drei konkrete Maßnahmen.
Nitschke: Aus Sicht der Unternehmen sind natürlich die bundesweiten und internationalen Entwicklungen die wichtigsten. Aber auch in der Region kann manches gemacht werden. Zum Beispiel: Das Thema Wirtschaftsfreundlichkeit der Verwaltung, Bürokratie, Satzungen vor Ort. Das spielt für Unternehmen immer eine große Rolle, zum Beispiel: Wird eine Straße erneuert oder gebaut, die die Unternehmen brauchen? Und so weiter...
Ein zweiter Punkt könnte tatsächlich sein, was derzeit in der Region zu beobachten ist: Man möchte neue Steuern einführen. Kommunale Steuern, eine Bettensteuer, eine Verpackungssteuer. Das belastet natürlich Unternehmen. Übrigens ausgerechnet die "konsum-nahen", also Hotels, Gastgewerbe, Einzelhandel. Die werden davon betroffen sein, und die verzeichnen derzeit ja gerade schlechte Geschäfte - insofern: für die wäre das dann doppelt schwierig.
Ein dritter Punkt: Wir als als IHK haben ja herausgearbeitet, dass wir für die Zukunft eine gute Energieversorgung brauchen - mit erneuerbaren Energien. Da finden die Entscheidungen auch in den Regionen statt. Insofern haben wir die große Erwartung auch an die Entscheider in unserer Region, dass sie genügend Flächen ausweisen für erneuerbare Energien, damit dann über Wind und Sonne genügend Energie produziert wird, um damit auch künftig die Energieversorgung sicherzustellen. Das ist wichtig, weil Unternehmen heute ihre Investitionen danach ausrichten, ob sie morgen preisgünstig und vor allem versorgungs-stabil Energie bekommen.