Nach Einstufung der Partei als "gesichert rechtsextremistisch"

RLP: Konsequenzen für AfD-Mitglieder im Staatsdienst?

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Von Autor/in Philipp Reichert, Anna Stradinger, David Meiländer

Die Einstufung der AfD als "gesichert rechtsextremistisch" könnte für mehr als 20 rheinland-pfälzische AfD-Mitglieder im Staatsdienst dienstrechtliche Konsequenzen haben. Das ergibt eine Recherche des ARD-Politikmagazins "Report Mainz".

Die AfD-Mitglieder hatten in den vergangenen fünf Jahren bei Wahlen kandidiert - im Bund, auf Landes- oder kommunaler Ebene. Unter ihnen sind vor allem Lehrer und Verwaltungsbeamte, aber auch einige Polizisten und Soldaten. Hinzu kommen mehr als 15 Pensionäre, die für die AfD kandidiert haben.

Engagement für AfD könnte Dienstvergehen sein

Mehrere Bundesländer teilten "Report Mainz" mit, eine aktive Betätigung für eine als extremistisch eingestufte Partei - also etwa eine Kandidatur - begründe den Verdacht eines Dienstvergehens und damit auch ein mögliches Disziplinarverfahren. Grundsätzlich komme es aber auf den Einzelfall an.

Wie die Bundesländer mit Beamten oder Angestellten im öffentlichen Dienst umgehen, die ein AfD-Parteibuch haben, soll auf der kommenden Innenministerkonferenz besprochen werden. Das rheinland-pfälzische Innenministerium erklärte, man äußere sich nicht zur Einstufung der AfD als "gesichert rechtsextremistisch" durch den Verfassungsschutz, weil die AfD dagegen juristisch vorgehe. Wegen der anhängigen Klage ist die Einstufung derzeit ausgesetzt.

Für die Datenauswertung hat "Report Mainz" die amtlichen Wahlunterlagen der meisten Landkreise und kreisfreien Städte, Bundesländer und des Bundes ausgewertet. Nicht alle Angaben ließen sich überprüfen.

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Offenbar Unruhe in der Partei

In Teilen der AfD scheint die Debatte über den Umgang mit Parteimitgliedern im öffentlichen Dienst Unruhe auszulösen. Der AfD-Bundesvorstand verschickte Anfang Mai eine "Handreichung für Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst". Das Papier liegt "Report Mainz" und der österreichischen Tageszeitung "Der Standard" vor.

Darin führt die Parteispitze aus, dass Mitglieder, die im öffentlichen Dienst arbeiten, nicht allein aufgrund der Einstufung des Verfassungsschutzes mit einer Kündigung zu rechnen hätten. Der Parteivorstand sieht aber offenbar insbesondere für Funktionäre und Kandidaten Risiken. "Die Tätigkeit oder Kandidatur für eine herausgehobene Stellung in unserer Partei (nicht die bloße Mitgliedschaft) könnte als Verfassungstreuepflichtverletzung beurteilt werden, falls Gerichte die Einschätzung durch den Verfassungsschutz teilen sollten", heißt es.

RLP

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AfD gibt Handlungsempfehlungen

In dem vierseitigen Schreiben spricht die Parteispitze Handlungsempfehlungen aus. Mitglieder sollten etwa in ihrer Wortwahl differenzieren und mit "Äußerungen im verfassungskonformen Bereich" bleiben. Politische Einstellungen sollten sie aus ihrer beruflichen Tätigkeit beim Staat heraushalten.

Der Einsatz etwa "für eine deutsche Leitkultur", "gegen die Aufnahme weiterer Migranten" oder die "konsequente Abschiebung nicht (mehr) aufenthaltsberechtigter Personen" sei "selbstverständlich nicht verfassungsfeindlich". Wer zu einer Dienstbesprechung vorgeladen werde, solle einen Rechtsanwalt mitnehmen. Ein Parteiaustritt sei "in keinem Fall erforderlich".

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Auch der aus Koblenz stammende AfD-Landtagsabgeordnete Joachim Paul kann die Einstufung des Verfassungsschutzes nicht nachvollziehen. Im SWR sagte Paul, dabei handele es sich um "parteipolitisch motivierte Instrumentalisierung, um die Opposition in der öffentlichen Debatte in die Defensive zu drängen - was allerdings nicht gelingt."

Etliche Mitglieder haben Partei verlassen

Tatsächlich haben seit der Einstufung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz zahlreiche Mitglieder die AfD verlassen. Die Parteispitze gibt sich diesbezüglich öffentlich aber gelassen. Der Bundesvorstand teilte "Report Mainz" vergangene Woche mit, es seien lediglich "einige wenige hundert Austritte" gewesen. Insgesamt steige die Zahl der Mitglieder.

Zu möglichen Disziplinarverfahren gegen Mitglieder äußerte sich die Partei nicht, ebenso wenig zu der Frage, wie viele Parteimitglieder im Staatsdienst tätig sind.

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