Sie ist nicht mal einen Zentimeter groß, wohnt auf Gras und Sträuchern, reist bis zu 50 Kilometer pro Jahr und tötet Gemüsekulturen. Die Glasflügelzikade bereitet den Pfälzer Landwirten Sorgen. Das Insekt saugt an Pflanzenteilen und überträgt so bakterielle Krankheitserreger auf Pflanzen. Somit kann das Tier im schlimmsten Fall ganze Ernten zerstören.
Schon 2008 wurden von der Zikade übertragene Krankheiten auf Zuckerrüben entdeckt. Seitdem breitet das Insekt sich immer weiter aus - und nistet sich in immer mehr Gemüsekulturen ein. Zunächst in Zuckerrüben, dann Kartoffeln, nun auch in Möhren, Rote Beete und Blumenkohl. Mehr als 100.000 Hektar Fläche waren im vergangenen Jahr in Deutschland von der Glasflügelzikade befallen.

Glasflügelzikade: Bei Zückerrüben und Kartoffeln schon länger ein Problem
"Die Zikaden sind ein großes Problem für uns", sagt Reinhold Hörner, Weinbaupräsident der Pfalz. Bei Zuckerrüben und Kartoffeln sei der Befall schon länger bekannt. "Aber in letzter Zeit kommen auch immer mehr Meldungen zum Befall in anderen Kulturen."
Langfristig könne man nur noch Frühkartoffeln anbauen, so Hörner, da diese bereits im Frühsommer erntereif sind. Auf Weinreben habe er bislang noch keinen Befall entdeckt.
Schilf-Glasflügelzikade überträgt Krankheitserreger Schädling wütet in der Pfalz: Aus festen Kartoffeln werden Gummiknollen
Wer gerne Kartoffeln vom Bauern aus der Region kauft, könnte bald weniger Auswahl haben. Ein neuer Schädling setzt den späten Kartoffeln in der Pfalz und Rheinhessen extrem zu.
Um die Verbreitung diesen Sommer einzudämmen, hat das Bundesamt für Verbraucherschutz nun durch eine Notfallzulassung das Pestizid SIVANTO prime zugelassen, das Landwirte auf Möhren, Rote Beete, Blumen- und Kopfkohle spritzen dürfen - allerdings nur in begrenzter Menge und einem kurzen Zeitraum. Für den Befall auf Möhren dürfe Landwirte zum Beispiel insgesamt 50 Liter bis Mitte September spritzen.
Verbraucherschutz: Pestizide werden sorgfältig geprüft
"Auch wenn es sich um Notfallzulassungen handelt, wurden die zugelassenen Stoffe zuvor in einem aufwendigen und mehrstufigen Verfahren geprüft", sagte ein Sprecher des Bundesamts für Verbraucherschutz. Auch können die Mittel dann nicht einfach angewendet werden, so der Sprecher.
Die zuständigen Behörden müssen durch Meldungen, die den Befall zeigen, erst einmal bestätigen, dass es sich wirklich um die Zikade handelt. "Der Wirkstoff des Mittels, Flupyradifurone, darf zum Schutz des Grundwassers nur alle zwei Jahre auf derselben Fläche ausgebracht werden", teilte das Bundesamt mit.
Biobauer aus Offenbach: Früher oder später breitet Zikade sich aus
Für den Biobauern Ralf Gensheimer aus Offenbach an der Queich (Kreis Südliche Weinstraße) kommt der Einsatz von Pestiziden nicht in Frage. Aber auch er sagt: "Früher oder später werden wir vom Befall mit mehreren Kulturen betroffen sein." Gensheimer baut unter anderem Möhren, Kartoffeln, Sellerie an – Kulturen, in denen die Zikade sich gerne einnistet.
"Mir geht es darum, zu gucken: Was können wir im Boden verbessern? Welche Pflanzen greift das Tier an?", sagt Gensheimer. "Auf meinen Feldern habe ich die Glasflügelzikade bislang noch nicht gesehen, aber dieses Jahr werde ich sie sehen, da bin ich mir sicher."

Pestizide gegen Zikaden können Grundwasser belasten
Auch wenn der Einsatz von Pflanzenschutzmittel nur begrenzt möglich ist - Carsten Brühl von der Universität Landau ist erstaunt darüber, dass ein hochgiftiges Mittel erlaubt wurde. Er forscht zu Pestiziden in der Landwirtschaft. "Der Wirkstoff kann langfristig das Grundwasser belasten", sagt er.
Dass sich die Zikade weiter verbreitet zeige auch, wie wenig resilient der Anbau ist. Wie der Biobauer Gensheimer sagt auch Brühl: Das Problem lässt sich nicht kurzfristig lösen. Auch, wenn diesen Sommer auf Pfälzer Feldern gespritzt werden darf.