In Heilbronn verzeichnet die Handwerkskammer einen kleinen Ansturm auf ihr Seminar zu schwierigen Gesprächen. Das Seminar richtet sich an Führungskräfte aus ganz Baden-Württemberg. Sie sollen lernen, wie sie starken Körpergeruch, Suchterkrankungen oder psychische Probleme bei ihren Beschäftigten richtig ansprechen.
Überrascht ist die Heilbronner Referentin Carmen Bender über die hohe Zahl an Anmeldungen nicht. In Deutschland sind rund 1,6 Millionen Menschen alkoholabhängig, 1,3 Millionen spielsüchtig, 1,8 Millionen betreiben einen Medikamentenmissbrauch. Die Statistik zeige, dass es Probleme in nahezu jedem Betrieb irgendwo geben muss, so Bender.
Wertschätzung ausdrücken
Wichtig sei zunächst, dass die Probleme überhaupt angesprochen werden, sagt Bender. Sie empfiehlt, einen behutsamen Einstieg zu wählen. Der oder die Betroffene sollten nicht auf das Problem reduziert werden. Es gehe um Beschäftigte, Mitmenschen, die sonst wertvolle Arbeit leisten. "Ich hatte einen Fall, da hat der Chef seiner Mitarbeiterin im Service mehrfach gesagt, 'Sie stinken'", erzählt Bender.
Das brüskiert und verletzt. Besser wäre es, eine Ich-Botschaft zu wählen. "Sprich, ich nehme wahr, dass dies oder jenes, kann ich Ihnen irgendwie helfen, etwas dagegen zu unternehmen", sagt Bender. Denn es gebe zum Beispiel auch medizinische Gründe für schlechten Körpergeruch.

Wie ansprechen? Offene Fragen stellen
Ähnliches gelte auch für Suchterkrankungen. Bender rät, offene Fragen zu stellen: "Ich mache mir Sorgen um Sie, weil mir dies oder jenes aufgefallen ist - möchten Sie mir dazu etwas erzählen?". Eine harte Konfrontation führe oft eher dazu, dass die Betroffenen "dicht machten". Bei Glücksspielsucht zum Beispiel seien es oft Pfändungen auf dem Konto, die die Chefetage auf ein Problem aufmerksam machten.
Sucht oder Ausrutscher?
In manchen Fällen muss der Arbeitgeber sofort handeln. Beispielsweise, wenn er einen Elektriker betrunken am Schaltschrank erwischt oder eine Mitarbeiterin bekifft den Stapler bewegt. Dann muss er oder sie zunächst zum Ausnüchtern nach Hause geschickt werden. Danach stellt sich manchmal die Frage, ob das ein einmaliger Ausrutscher war oder eine Suchterkrankung vorliegt.
Dies könne der Arbeitgeber nicht einschätzen. Deshalb sollte er im Wiederholungsfall darauf drängen, dass die Person das beim Arzt abklärt, so Bender. Auch bei einer Suchterkrankung sollte der Arbeitgeber Unterstützung anbieten.
Stufen der Eskalation
Aber was, wenn ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin gar nicht kooperiert? Dann sei es wichtig, in Gesprächen die Konsequenzen deutlich zu machen. Ab einem gewissen Zeitpunkt rät Bender auch zu einem Anwalt oder einer Anwältin, um sich abzusichern.
Was kann ich als Kollege oder Kollegin tun?
In erster Linie sei es Aufgabe der Führungskräfte, problematisches Verhalten anzusprechen, so Bender. Ansonsten hänge es davon ab, ob man ein freundschaftliches Verhältnis zum Betroffenen habe. Wenn, dann gelte auch hier lieber behutsam ansprechen als schweigen. Bender rät den Betrieben, einen Leitfaden festzulegen, wie solche Dinge angesprochen und behandelt werden sollen.
"Als nicht befreundeter Kollege kann ich mich dann an den Leitfaden im Betrieb halten", so Bender. Das Seminar ist für die Handwerksbetriebe kostenlos, denn es ist Teil der Initiative Horizont Handwerk.