Die Geschichte der Fastnacht in der Dreiländerregion am Bodensee vom 19. bis zum 21. Jahrhundert: Das ist das Thema der Sonderausstellung "Maskeraden - Als die Fasnacht noch Fasching hieß", die ab Samstag im Kulturzentrum am Münster in Konstanz zu sehen ist. Die Ausstellung des städtischen Rosgartenmuseums widmet sich verschiedenen Schwerpunkten wie der Zeit um die Revolution 1848/49, dem aufblühenden Karneval nach 1860, den 1920-er Jahren, dem Nationalsozialismus und der Nachkriegszeit.
Fasching, Fastnacht oder Karneval?
Laut dem Direktor der städtischen Museen, Tobias Engelsing, stecken in der heutigen Fastnacht in der Dreiländerregion am Bodensee verschiedene Einflüsse: Der Habsburger Fasching, die bürgerlich-liberale Saalfasnacht und eine kräftige Portion karnevalistisches Rheinland. Nach 1860 etwa, beeinflusst vom wiederaufblühenden Kölner Karneval, wird "Prinz Karneval" zur Leitfigur. In deutschen und Schweizer Städten und Dörfern am Bodensee werden prächtige Umzüge organisiert und rauschende Bälle gefeiert. Gerade diese Vielzahl der kulturellen Einflüsse, sagt Tobias Engelsing, mache die Fastnacht im Südwesten so lebendig.
Während des Nationalsozialismus passen sich auch die Narren an
Viele Narren seien der Meinung, dass in der Zeit des Nationalsozialismus die Narrenfreiheit zum Widerstand genutzt worden sei, so der Direktor der städtischen Museen, Tobias Engelsing. Das hätten die Quellenstudien aber nicht belegt. Es habe da wenig Resistenz und Resilienz gegeben - stattdessen sehr viel Anpassung. Diese Geschichte müsse man nun auch erzählen, im Besonderen, um den Opfern der Geschichte gerecht zu werden.
Die allermeisten Narrenvereinigungen sind sehr schnell auf den Kurs der Nationalsozialisten eingeschwenkt - bis hin zu Witzen über Juden.

Hemdglonker in Konstanz: Die Erfindung eines uralten Brauchs
Der Hemdglonkerumzug findet immer am Schmotzigen Dunschtig in Konstanz statt. Dabei ziehen Schülerinnen und Schüler in weißen Nachthemden und Nachtmützen mit Transparenten, auf denen sie ihre Lehrer aufs Korn nehmen, durch die Konstanzer Altstadt. Laut Tobias Engelsing vermittelt der Hemdglonker den Eindruck, als ob er schon seit 300 Jahren bestünde. Das sei aber nicht der Fall. In Zeitungen tauchten die ersten Hemdglonker erst in den 1880-er Jahren auf. Erst im 20. Jahrhundert wurde daraus ein organisierter Narrenzug der Schulen. Ein sei also ein nicht ganz so uralter Brauch, seiner Beliebtheit tue dies aber keinen Abbruch.
Das Stockacher Narrengericht, das auch im SWR-Fernsehen übertragen wird, geht auf eine sehr alte historische Quellenlage zurück, berichtet Museumsdirektor Tobias Engelsing. Aber es fand über die Jahrhunderte nicht immer so statt, wie es heute aus dem Fernsehen bekannt ist. Sondern in Stockach gab es auch Umzüge, Narrenspiele und bunte Abende, die ganz anders waren. Erst im 20. Jahrhundert hat sich das, was wir heute als das "Hohe Grobgünstige Narrengericht zu Stocken" kennen, in dieser Form ausgebildet. Auch da seien Mythen im Spiel, die lebendig immer wieder verändert worden sind, so Engelsing.
Traditionsreiche Verhandlung am Donnerstagabend im SWR Stockacher Narrengericht: Julia Klöckner zu 60 Litern Wein verurteilt
Am "Schmotzigen Dunschtig" hat traditionell das Stockacher Narrengericht getagt. In diesem Jahr stand die rheinland-pfälzische CDU-Politikerin Julia Klöckner vor Gericht.
Die Sonderausstellung "Maskeraden. Als die Fasnacht noch Fasching hieß" ist bis zum 11. Januar 2026 im Kulturzentrum am Münster in Konstanz zu sehen. Begleitend ist im Thorbecke Verlag das Buch "Maskerade. Fasching, Fasnacht und Karneval am Bodensee" erschienen. Es kostet 24 Euro. Darüber hinaus ist ein halbstündiger Dokumentarfilm von Teresa Renn und Tobias Engelsing entstanden, der im städtischen Rosgartenmuseum in Konstanz zu sehen ist, aber auch an Schulen gezeigt werden soll.